von Rainer Werner Fassbinder –– Inszenierung: Eugen Jebeleanu (a. G.)
Bruno arbeitet für Elisabeth in deren Betrieb, der Wundertüten herstellt, Tüten mit Bonbons oder Spielzeug, wie sie noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland verkauft wurden. Eigentlich träumt Bruno von einem anderen Leben, doch er lässt sich von Elisabeth aushalten. Ingrid will Schlagersängerin werden, Marie ist mit Erich zusammen und Helga mit Paul. In der deutschen Vorstadt, in der die jungen Leute leben, herrschen Frustration und Langeweile. Doch als der Grieche Jorgos auftaucht, steht die kleine Welt Kopf. Fremdenfeindlichkeit, Neid und Hass brechen sich Bahn.
Als "Katzelmacher" wurden abschätzig Gastarbeiter bezeichnet, die Deutschland in den 1960er Jahren in Europa anwarb. Ursprünglich leitet sich das Wort vermutlich von "Kesselmacher", von fahrenden Handwerkern aus Südeuropa ab. Der Autor und Filmemacher Rainer Werner Fassbinder zeichnet in dem 1968 geschriebenen Stück nüchtern und radikal das Bild einer Gesellschaft, die sich der Gastarbeiter zwar bediente, sie jedoch gleichzeitig ausschloss. "Katzelmacher" gilt als sein erstes eigenständiges Stück. Der gleichnamige Film sorgte ein Jahr später für den Durchbruch des damals erst 24-jährigen Fassbinder.
Wenn ich jedoch eine beispielhafte Leistung hervorheben müsste, komme ich auf Eugen Jebeleanus Aufführung Katzelmacher. Wenn das mit der Liebe nicht wär’ nach Rainer Maria Fassbinder am Deutschen Staatstheater Temeswar zurück. Jebeleanu hat es geschafft, um die Theaterproduktion herum einen gesamten Kontext zu gestalten, indem er zwischen gefilmten und live gespielten Räumen wechselte. Es wird auf allen Ebenen gespielt, die Bilder fließen nahtlos ineinander über, es geht um Einsamkeit, um idiotische Gewalt oder den gewöhnlichen Rassismus des Durchschnittsmenschen, von Stufe zu Stufe. Interessant ist, wie Jebeleanu es zustande brachte, in diesem vor 50 Jahren in Deutschland geschriebenen Text über die Gewalt und Grausamkeit des heutigen Europas zu sprechen, in blutigen und elenden Bildern, gefilmt in Schlachthöfen, an der Seite von Arbeitsmigranten aus dem armen und prekären Osten. Noch einmal beeindruckt die Aufführung von Eugen Jebeleanu, aber vor allem überzeugt sie durch ihre Klarheit und Gnadenlosigkeit.
Mirella Patureau, Theaterkritikerin
Die jungen Leute in Jebeleanus Show haben keine anderen Sorgen als Trinken, Rauchen, "Ficken". Sie langweilen sich ein bisschen. Und dann haben sie Zeit, sich auf diejenigen zu stürzen, die nicht zu ihnen dazu gehören, die ihr Land bedrängen, die mit ihrem Kommunismus kommen. Die Sprache ist natürlich, ohne Vorhänge, so wie die jungen Leute von gestern und heute sprechen. Und doch gehen sie in die Kirche, um Kerzen anzuzünden, um zu Gott zu beten. Und wozu? Nur um die Bräuche einzuhalten?
Mihai Brezeanu, Theaterkritiker
Fassbinders Figuren erleben zunächst ein Gefühl der Angst davor, dass dieser Katzelmacher ihre (unerwünschte) Arbeit übernimmt, dann Abneigung und schließlich Wut. Es handelt sich um ein Phänomen, das in Deutschland massenhaft aufgetreten ist und in anderen Ländern immer noch reproduziert wird. Auf der einen Seite werden die ausländischen Arbeitnehmer ausgebeutet - schlechtere Bezahlung als die Einheimischen, schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen usw. -, auf der anderen Seite werden sie von den Einheimischen schikaniert und sind der Vorwand für fremdenfeindliche Aktionen. Ich sage Vorwand, denn die chauvinistische Haltung hat tiefere Wurzeln, sie wird vielmehr von der persönlichen Verstrickung in einen gescheiterten sozialen Mechanismus angetrieben.
Oana Stoica, Theaterkritikerin
Die fabelhaften Schauspieler des Deutschen Staatstheaters in Temeswar (Isa Berger, Silvia Török, Olga Török, Daniela Török, Oana Vidoni, Harald Weisz, Niko Becker, Rareș Hontzu, Alexandru Mihăescu und Radu Brănici) spielen unter der tadellosen Regie von Eugen Jebeleanu ein verstörendes Manifest für Toleranz. Eugen Jebeleanu scheint mit seiner ganzen schöpferischen Kraft zu sagen: "Ich bin der Fremde!".
Gabriela Lupu, Theaterkritikerin
Auch in dem vom gastgebenden Theater Katzelmacher produzierten Juwel ging es um gewaltige, bis an die Grenze der Grausamkeit getriebene Konfrontationen, diesmal sozialer Art, um die Verweigerung des Fremden, der willkürlich zum Sündenbock für die Unvollkommenheiten der individuellen Existenz auserkoren wird. Wenn es nicht um die Liebe ginge, nach dem Drehbuch von Fassbinder, in der Regie von Eugen Jebeleanu. Eine komplexe Inszenierung, die einen bedeutenden Sprung in der Entwicklung des Regisseurs markiert, dicht und konsequent, sowohl in den behandelten Themen als auch im theatralischen Ausdruck. Der Regisseur gibt sein grundlegendes Interesse, die Untersuchung von Menschen in verletzlichen Situationen, nicht auf, aber seine Sprache wird komplexer, nuancierter und offener für vielseitige theatralische Lösungen. Mit einem Ensemble, das eine tadellose schauspielerische Leistung erbringt, und dem Bühnenbild von Velica Panduru, das dem Raum einen Rhythmus verleiht, indem es die verschiedenen Volumen und Ebenen mit einer besonderen Plastizität verbindet, entfaltet die Aufführung sowohl Gewalt als auch Schönheit, Sensibilität und soziale Meditation.
Cristina Rusiecki, Theaterkritikerin