von Georg Büchner –– Inszenierung: Niky Wolcz (a.G.)
Übertitelung: RO/EN
Altersbeschränkung: 12+
Das Lustspiel "Leonce und Lena" entstand 1836 und wurde mehr als ein Jahr nach dem frühen Tod seines Autors Georg Büchner erstmals 1838 in einer Zeitschrift abgedruckt. In Buchform erschien es erst 1850. Bis zur Uraufführung dauerte es jedoch nochmals fast ein halbes Jahrhundert, diese erfolgte erst 1895. Wie lässt sich erklären, dass dieses Stück, das erst im 20. Jahrhundert auf den Bühnen Deutschlands eine unglaubliche Karriere machte und zu den wichtigsten klassischen Komödien der deutschen Literatur zählt, so lange unbeachtet blieb, obwohl es von Wortwitz förmlich überschäumt und so geistreich ist wie kein anderes?
Einer der Gründe ist, dass es eine politische Satire wie diese bis dahin noch nicht gegeben hatte. In einem in Königreiche und zahlreiche Fürstentümer zersplitterten, autoritätsgläubigen Deutschland goutierte man es nicht, dass Büchner das Treiben an einem Hof der Lächerlichkeit preisgab. Leonce ist Prinz im Reich Popo und Lena Prinzessin des Reiches Pipi! Das mag harmlos klingen, dahinter aber steht ein Autor, der Mitbegründer einer geheimen Gesellschaft für Menschenrechte war, in einer Flugschrift die Parole "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" ausgegeben hatte und der steckbrieflich gesucht wurde. Johann Wolfgang von Goethe, Minister am Hof in Weimar, wäre nie auf den Gedanken gekommen, die politisch herrschende Klasse zu kritisieren.
"Leonce und Lena", die melancholische Komödie über zwei junge, unbehauste Leute, galt lange als misslungen. Bemängelt wurden die Handlungsarmut und dass Elemente des klassischen Aufbaus fehlten. Die Schwierigkeiten mit sich selbst, wie sie Leonce äußert - "O wer einmal jemand Anderes sein könnte. Nur ne Minute lang" -, der Überdruss am Dasein, der die beiden zu Seelenverwandten macht, widersprachen dem damaligen Menschenbild. Leonce und Lena sind Fremde in einer irrationalen Welt, in der allein Ironie und Selbstironie Trost spenden. Ihre Schwermut ist vielmehr Illusionslosigkeit und die Ablehnung jeder idealisierenden Sicht. In der Frage nach der Identität und nach der Sinnhaftigkeit des Lebens, ebenso wie in der uns heute vertrauten Wahrnehmung der politischen Verhältnisse als einer Groteske, war Büchner seiner Zeit weit voraus. Nur sein früher Tod hat ihn daran gehindert, zum Shakespeare der deutschen Literatur zu werden.
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